Bil Herd

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Bil Herd
Bil Herd im Jahr 1985
Name Bil Herd
geboren 1959
Nationalität USA
Branche
  • Elektroingenieur
  • Erfinder
Firmen / Gruppen


Bil Herd ist ein Elektroingenieur, der an der Entwicklung von Commodore-Technologie beteiligt war.


Biographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Werdegang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bil Herd begann sich schon als Jugendlicher mit Elektrotechnik auseinanderzusetzen. So baute er unter anderem mit finanzieller Unterstützung seines Vaters einen eigenen Synthesizer. Als ihm die örtliche Highschool den Zugang zu dem von ihm bevorzugten Wahlfach Fernsehtechnik verwehrte, beendete er im Alter von 17 Jahren seine schulische Ausbildung und meldete sich zur Nationalgarde, wo er mit der Wartung und Reparatur von Fernschreibern betraut wurde.
Nach seiner Armeezeit fand er zunächst eine Anstellung als Roadie einer Rockband, wo er u.a. eigene Schaltungen zur Ansteuerung der Lichtanlagen verwendete. Später arbeitete er für die Pennsylvania Scale Company, einem Hersteller für Digitalanzeigen. Dort hatte er erstmals Kontakt mit einem Produkt der Firma MOS Technology, dem Halbleiterchip MOS 6530, sowie dem frühen computergestützten Entwicklungssystem AIM-65 mit MOS 6502 Mikroprozessor. Dieser Computer faszinierte Herd derartig, dass er ihn nach der Arbeit regelmäßig mit nach Hause nahm, um sich bis spät in die Nacht damit zu beschäftigen. Durch den intensiven Umgang mit diesem System wurde Herd zum Experten für 6502-Maschinensprache.
Bei Pennsylvania Scale geriet Herd auch erstmals durch seine kompromisslose Direktheit mit seinem direkten Vorgesetzten aneinander, ein Muster, das sich noch viele Male während seiner späteren Zeit bei Commodore wiederholen sollte.

Der Einstieg bei CBM[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anfang 1983 bewarb sich Herd auf anraten seines Freundes und Mitarbeiters Hedley Davis, welcher später ebenfalls als Ingenieur für CBM arbeiten sollte, bei Commodore. Sein erstes Bewerbungsgespräch mit dem Abteilungsleiter Frank Hughes verlief jedoch unerfreulich, da dieser ihn aufgrund der fehlenden Schulbildung und Diplome für unqualifiziert hielt. Erst ein zweites Gespräch mit dem leitenden Ingenieur Robert Russell, einem der maßgeblich an der Entwicklung des C64 beteiligten Ingenieure, welcher sehr schnell Herds umfassende Kenntnis der 6502-Prozessorstruktur und sein technisches Verständnis erkannte, führte schließlich zu einer positiveren Beurteilung seiner Person. In einem abschließenden Treffen mit Hughes, Russell und dem späteren Entwickler des Atari ST, Shiraz Shivji, gelang es Herd die Anwesenden mit seiner fachlichen Kompetenz zu beeindrucken und er erhielt die ersehnte Anstellung bei Commodore. Der Schulabbrecher aus Iowa war damit Ingenieur bei einem der damals größten Computerhersteller der Welt.

Die Commodore-Jahre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bil Herd kam zu einer Zeit zu Commodore, als der C64 bereits fertiggestellt war, und fieberhaft an neuen Projekten gearbeitet wurde. Jack Tramiel verlangte zu diesem Zeitpunkt von seinen Ingenieuren primär die Entwicklung eines Computers im unteren Preissegment als Nachfolger für den absehbar auslaufenden VC20, sowie als direkte Konkurrenz zu den Produkten der Firma Sinclair. Dies führte zur Entwicklung des Multifunktionschips TED als Nachfolger des VIC, welcher im VC20 Verwendung fand. Mit einer Palette von 121 Farben sowie zweistimmigem Tongenerator ausgestattet, sollte der TED zum Herzstück der späteren C264-Baureihe (C16, C116 und Plus/4) werden. Als Bil Herd zum TED-Projekt stieß, waren die Arbeiten am Chip weitgehend abgeschlossen, jedoch das Gesamtsystem weit davon entfernt, ein funktionsfähiger Computer zu sein. Nachdem rasch klar wurde, dass Herds praktische Fähigkeiten insbesondere beim Aufspüren von Fehlern und dem Erkennen elektrotechnischer Zusammenhänge überdurchschnittlich ausgeprägt waren, stieg er innerhalb kürzester Zeit zum Leiter des gesamten Projekts auf. Während dieser Zeit begann erstmals Herds Alkoholkonsum außer Kontrolle zu geraten. Auch geriet er immer wieder mit Vorgesetzten und Managern aneinander, welche er für inkompetent hielt und ihnen daher schonungslos die Meinung sagte. Doch seine brillanten Fähigkeiten als Ingenieur verhinderten wiederholt ernsthaftere Konsequenzen.
Auf Betreiben insbesondere der Marketingabteilung von Commodore wurde das TED-Projekt kurz vor Ende seiner Fertigstellung nicht mehr primär als Low End Computer am Markt platziert, sondern sollte als Plus/4 mit integrierter Software als Bürocomputer sowie in Form des C16 als Einsteigercomputer vermarktet werden, und die Nachfolge des beliebten C64 antreten. Die ursprünglich geplante Version als Sinclair-Killer wurde nur noch in geringen Stückzahlen als C116 abverkauft, die übrigen Versionen C232, C264 und C364 mit integriertem Sprachsynthesizer, obwohl bereits fertig entwickelt, erst gar nicht mehr produziert. Bil Herd war mit keiner dieser Marketing-Entscheidungen einverstanden und hielt die Computer der 264-Serie letztendlich für verstümmelt und deplatziert. Die katastrophalen Verkaufszahlen sollten ihm schließlich recht geben, so dass die gesamte Produktlinie sich schlussendlich als riesiger Flop für Commodore herausstellte.
Nach dem Fehlschlag der 264-Baureihe benötigte Commodore dringend einen neuen Millionen-Seller als Nachfolger des inzwischen marktbeherrschenden C64. Nach dem Ausscheiden praktisch aller verantwortlichen Entwickler des C64 bis auf Bob Russell, kam Bil Herd als Einziger für die Leitung des neuen Projektes in Frage. Die zu diesem Zeitpunkt schon laufenden Projekte B128 sowie D128, beides Computer ohne jegliche Kompatibilität zum C64, wurden auf Herds Betreiben hin abgebrochen, und als Projekt C128 unter seiner Führung neu gestartet.
Herd verbrachte über Wochen und Monate hinweg wiederholt mehrere Tage am Stück ununterbrochen im Commodore-Gebäude, arbeitete unablässig am C128 und schlief dabei auf einer Luftmatratze. Die nötige Körperpflege erledigte er, wie er es in seiner Armeezeit gelernt hatte, mittels eines mit Wasser gefüllten Papierkorbs. Da nach dem Weggang von Al Charpentier und Charles Winterble niemand bei Commodore in der Lage war, den außerordentlich komplexen VIC-II Videochip zu überarbeiten und zu erweitern, entschied sich Herd den originalen VIC-II im C128 weiter zu verwenden, ihm jedoch mit dem VDC 8563 aus dem eingestellten C900-Projekt einen weiteren Videochip zur Darstellung von 80 Zeichen pro Zeile sowie höheren Auflösungen zur Seite zu stellen. Es war ebenfalls Herds Entscheidung, zur geforderten Implementierung des CP/M Betriebssystems keine Steckkarte zu verwenden, sondern den dafür nötigen Zilog Z80-Prozessor direkt in die Hauptplatine zu integrieren. Dies führte zu der einzigartigen Kombination von zwei Hauptprozessoren, zwei Videochips und drei Betriebssystemen in einem einzigen Computer. Da auch hier wieder Commodores mittlerweile legendär schlechtes Marketing sowie die fehlende Softwareunterstützung aus dem eigenen Hause dazu führte, dass der eigentliche C128 kaum genutzt und nur als C64-kompatibler Computer verwendet wurde, blieben die einzigartigen Möglichkeiten des Systems bis heute weitgehend ungenutzt. Da CP/M als Betriebssystem schon damals nur noch geringe Verwendung fand und bereits durch MS-DOS verdrängt worden war, sorgte einzig der C64-Modus für halbwegs ordentliche Verkaufszahlen. Herds einzigartiges Konzept eines 3-in-1-Computers erfuhr damit leider nie die Wertschätzung, welche ihm aufgrund der technischen Möglichkeiten eigentlich gebührt hätte.
Gegen Ende der C128-Entwicklung spitzten sich Herds Konfrontationen mit dem Management allmählich ebenso zu wie sein ausufernder Alkoholkonsum. Der sich nach der Entmachtung Jack Tramiels bei Commodore bildende Wasserkopf an Managern und Abteilungsleitern war ein willkommenes Ziel für Herds legendären Zynismus. Herd respektierte niemanden, den er als inkompetent oder überflüssig betrachtete, ganz gleich welche Position der Betreffende bekleidete. Seine unbestritten überragenden Fähigkeiten als Ingenieur und Entwickler vermochten dies einige Zeit zu kompensieren, doch erreichten seine Ausbrüche mit der Zeit auch eine neue Qualität. Auf der betrieblichen Weihnachtsfeier im Jahre 1985 schlug er in alkoholisiertem Zustand dem damaligen CEO von Commodore, Marshall Smith, mit seiner eingegipsten Hand ins Gesicht, nachdem ihn dieser gestoßen hatte. Doch selbst dieser Ausbruch führte noch nicht zu seiner Entlassung. Die Enttäuschung über die aus seiner Sicht unbefriedigende Unterstützung des C128, sowie die mittlerweile erfolgte Zuwendung von Commodore hin zur 16-Bit Technologie in Form des Amiga, mit welchem Herd nur am Rande betraut wurde und der de facto das Ende der 8-Bit Produktlinie der Firma einläutete, ließen ihn am Sinn seiner Arbeit für Commodore zweifeln. Da die Amiga-Entwicklung von deren eigenem Designteam unter Jay Miner betreut wurde, sah Herd letztlich für sich keine Perspektive mehr bei Commodore. So kündigte er schließlich 1986 und wechselte zunächst zu einer Firma, welche sich mit Bilderkennungssystemen beschäftigte.

Bil Herd heute[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bil Herd 2012

Herd hat seine Alkoholsucht letztlich überwunden und ist seit vielen Jahren trockener Alkoholiker. Er ist heute Unternehmer und Besitzer mehrerer kleiner Firmen, sowie Inhaber diverser Patente, welche beispielsweise in der Automobilindustrie Verwendung finden.

Herd ist Betreiber der Webseite www.c128.com, welche Informationen rund um seine Schöpfung, den C128, sowie andere Commodore Produkte bietet, aber auch allerlei sonstige Sachthemen aus den Bereichen Wissenschaft und Technik behandelt.

Seit Juni 2011 betreibt er den YouTube-Kanal BilHerd, wo er ausführlich zumeist über Elektronik- und Retro-Computing-Themen spricht. Hin und wieder plaudert er aber auch über seine Zeit bei Commodore, u.a. mit Al Charpentier und Dave Haynie.


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

WP-W11.png Wikipedia: Bil Herd Sprache:english

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Bagnall, Brian: On The Edge: The Spectacular Rise and Fall of Commodore, ISBN 0-9738649-0-7.
  • Bagnall, Kretzinger, Forster: VolksComputer: Aufstieg und Fall des Computer-Pioniers Commodore und die Geburt der PC-Industrie, ISBN 978-3-00-023848-2